FDP Kreisverband Aachen-Land

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Haushaltsrede von Georg K. Helg auf dem Städteregionstag am 11.12.2014

13. Dezember 2014

Herr Städteregionsrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

Wir stehen am Beginn der zweiten Wahlperiode der Städteregion und um Adenauer zu zitieren: „Die Laje war noch nie so ernst, meine Damen und Herren“

Aber Spaß beiseite – das ist durchaus nicht übertrieben: 5 Jahre Städteregion und die Ausgleichrücklage von knapp 60 Millionen ist weg!

Damit nicht genug: Um das Defizit des laufenden Jahres auszugleichen wird auch noch ein Griff in die Allgemeine Rücklage – sprich unser Eigenkapital nötig. Die hierfür benötigten über drei Millionen erhöhen sich um weitere rund 37 Millionen aus den geplanten Defiziten von 2015 und 2016.

Das würde bedeuten: Ohne massive Gegensteuerung, die hier und heute e n d l i c h beginnen muss, steigt die Verschuldung von derzeit 141 Millionen um weitere 42 auf dann insgesamt 178 Millionen. Und um die gleiche Summe würde sich ohne eine Sonderumlage für die Altkreis-Gemeinden das Eigenkapital verringern.

Jetzt sieht man, wie falsch es war, die Ausgleichsrücklage zu verfrühstücken statt Einsparungen vorzunehmen. So wurde nur Zeit gekauft und das böse Ende kommt jetzt nur umso heftiger.

Auf der Landkreisversammlung in Kleve beleuchtete der deutsche „Demographie-Papst“ Meinhard Miegel das Schuldenproblem kürzlich aus einer Sicht, die mir bisher so kaum bewusst war: Ich zitiere: „Halse einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung keine Schulden auf. Für eine junge Bevölkerung sind Schulden eine Last – für eine alternde Bevölkerung sind sie Gift!“

Die FDP-Fraktion ist sich durchaus bewusst, dass die horrenden Defizite zum großen Teil durch die ausufernden Sozialausgaben und die unzureichende Finanzierung der Kommunen durch Bund und Land verursacht werden. Das darf aber keine Entschuldigung sein für Nichtstun, oder was noch schlimmer ist: für weitermachen wie bisher.

Die FDP-Fraktion hinterfragt aber auch und das nicht erst heute - die Synergieeffekte, die seit Jahren wie eine Monstranz um die Zollernstraße getragen werden. Wie ist es zu erklären, dass von den letzten neun Jahren des Kreises Aachen sieben ein positives Ergebnis hatten und noch 2008 vom Kreis fast eine Million Überschuss erwirtschaftet wurde?

Von da an ging es trotz der Synergie ständig bergab, wo es doch eigentlich aufwärts gehen sollte?

Insgesamt hatte der Altkreis zwischen 2000 und 2008 einen Überschuss von 1,6 Millionen Euro – die Städteregion erwirtschaftete dagegen allein von 2009 - 2014 ein Defizit von über 62 Millionen Euro.

Wie heißt es doch so schön: Traue keiner Statistik...

Als ich die Aachener Kämmerin Ann-Katrin Grehling bei einem Besuch in unserer Fraktion mit diesen Zahlen konfrontierte, konterte sie scherzhaft, ich glaubte doch hoffentlich nicht, dass die Stadt Aachen für dieses Dilemma des Altkreises verantwortlich sei. Sicher nicht, aber: Entweder stimmt da etwas nicht mit der Synergie-Berechnung oder es liegen fatale Fehlentwicklungen vor – oder, was noch viel schlimmer wäre: eine Kombination von Beidem.

E n d l i c h !

Die FDP-Fraktion freut sich darüber, dass die Mehrheitsfraktionen jetzt e n d l i c h einen wichtigen FDP-Antrag, wenn auch unter ihrem Briefkopf, eingebracht haben. Die FDP fordert seit Jahren die dringend notwendige Aufgabenkritik. Wir halten darüber hinaus auch eine Aufgaben-Erfüllungskritik für notwendig. Die von uns immer wieder geforderten Präzisierungen bei Vorschlägen zur Personaleinsparung sind ohne solche Ermittlungen nicht zu leisten. Hier liegt eines der entscheidenden Versäumnisse der letzten Jahre!

Die FDP-Fraktion freut sich außerdem darüber, dass der Städteregionsrat mit der Einbringung des Haushalts e n d l i c h präzise Vorschläge zur Beseitigung des strukturellen Defizits macht und fragt sich, wieso eigentlich die Mehrheitsfraktionen von der Verwaltung derart zum Jagen getragen werden müssen.

Die FDP-Fraktion ist absolut nicht erfreut darüber, dass sich diese teilweise sehr präzisen Vorschläge nicht schon jetzt im Haushaltsentwurf wiederfinden. Die Strecke von CDU und GRÜNEN bei der Jagd auf Einsparmöglichkeiten fällt nämlich mehr als dürftig aus. Zieht man die von außen erwartete Hoffnungsposition LVR-Umlage ab, verleiben unter dem Strich ganze 800.000 Euro an echten Einsparungen. Aufgehübscht wird das ganze dann noch durch die Hoffnung auf einen höheren Bundeszuschuss zu den Ausgaben für SGB II.

Wir hoffen inständig mit Ihnen!

Der Städteregionsrat hat mir vorgeworfen, ich hätte wortgewaltig aber unzutreffend das gute Einvernehmen zwischen ihm und den Bürgermeistern infrage gestellt. Ich gebe zu, diese Erkenntnis aus dem Studium der teilweise sehr harschen Einlassungen gegenüber dem Eckpunktepapier im Benehmensverfahren gewonnen zu haben. Das mag einseitig sein, da nach Hansemann eben beim Geld die Gemütlichkeit aufhört. Das will ich gerne akzeptieren.

Aber: Es macht schon nachdenklich wenn besagte Aachener Kämmerin „not amused“ darüber ist, im Eckpunktepapier eine Kostensteigerung für die übertragene Aufgabe Straßenverkehrsamt von 230.000 Euro zu finden mit dem Hinweis auf verbesserten Bürgerservice, während sie sich selbst über Wochen wegen der Wartezeiten von deutlich über einer Stunde im Aachener Bürgerservice öffentlich beschimpfen lassen durfte.

Frage: Hätte man das nicht vorher bilateral klären sollen?

Die Haushaltssanierung kann nur gelingen wenn Verwaltung und Politik gemeinsam alles in ihren Kräften stehende tun um wirklich jede Chance zur Einsparung zu nutzen. Stichwortgeber ist auch hier wieder der Städteregionsrat: Ich zitiere: „Anderweitige (ausgenommen sind hier Bildung und Wirtschaftsförderung) freiwillige Leistungen sollten nach Ansicht der Verwaltung im kommenden Haushaltsjahr einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.

Diesbezüglich könnte auch die in der Sitzung des Städteregionstages am 11.12.2014 voraussichtlich zu beschließende Produkt-/Aufgabenkritik sehr gut geeignet sein, um die Zurverfügungstellung freiwilliger Leistungen konkret zu hinterfragen und bezüglich ihrer Zweckmäßigkeit zu überprüfen.“

Warum eigentlich erst im kommenden Jahr?

Herr Etschenberg: Ihr Ruf ist offenbar bei den Adressaten CDU und GRÜNE nicht angekommen! Außer dem bei uns abgeschriebenen Antrag ist da kein Fleisch am Knochen.

Für die Opposition ist es naturgemäß schwerer als für die Mehrheit, den Haushalt zu korrigieren. Dies gilt besonders für die kleinen Fraktionen, denen dafür ganz einfach die Waffengleichheit fehlt.

Die FDP-Fraktion hat sich dieser Aufgabe in diesem Jahr besonders intensiv und zeitaufwändig gestellt und eine Vielzahl von Einsparungen vorgeschlagen – zur echten Sanierung reichen aber auch sie leider bei weitem nicht aus. Wir hatten allerdings in der zweiten Lesung am letzten Donnerstag Herrn Wolf so verstanden, als wäre er offen für Übernahmen von Vorschlägen der Opposition. Wir haben deshalb am Dienstag nochmals getagt und nach Übernahmen gesucht und gesucht, aber leider rein gar nichts gefunden.

Hätten Sie sich zumindest einen Teil der Kürzungsvorschläge von SPD und FDP zu eigen gemacht, Ihr Ergebnis wäre nicht gar so arm geblieben wie es jetzt daherkommt.

Unsere Änderungsliste kommt zu saldierten Einsparungen von 3.068 Mio für 2015 und 4.2 Mio für 2016.

Dabei haben wir uns ausschließlich auf freiwillige Ausgaben konzentriert, die zwar im Einzelfall wünschenswert sein mögen, in der jetzigen Situation aber nicht nur entbehrlich sondern schlicht nicht zu verantworten sind.

Keine Kürzungen haben wir vorgenommen in den Bereichen Bildung, Sport- und Jugendförderung. Für das Kulturfestival haben wir eine der wenigen freiwilligen Erhöhungen vorgenommen. Wichtig sind für uns nach wie vor die gemeinsamen Aktivitäten auf diesen Gebieten mit der Stadt Aachen: Chorbienale, September Special, ALRV und Alemannia.

Der entscheidende Kostenfaktor sind aber nach wie vor die ständig steigenden Personalausgaben. Wird an der einen Stelle eine Stelle gestrichen werden an anderer Stelle neue geschaffen.

Ein typisches Beispiel ist das neue Inklusionsamt. Hier wurde für eine aus dem Bundestag ausgeschiedene Rückkehrerin eine Stelle geschaffen, für die sie beruflich keine speziellen Voraussetzungen mitbrachte.

Inklusion ist eine dezernatübergreifende Aufgabe, für deren Koordinierung eine Stabsstelle durchaus genügt hätte. Jetzt haben wir statt dessen ein Amt mit 4,5 Stellen. Für wie überflüssig Sie selbst diese Mitarbeiter halten kann man an den nur 150.000 Euro Sachausgaben erkennen, die ihnen für ihre Tätigkeit zur Verfügung stehen. Die haben wir nicht gestrichen, denn wir stehen zur Inklusion.

Auch einige GRÜNE Spielwiesen haben wir gemäht. So die weitere Umsetzung des Klimaschutzprogramms und das Förderprogramm „Regenerative Ernergien“. Sie sind ebenso wirkungslos wie teuer.

Nächstes Reizthema: der 5. Dezernent. Die Städteregion hat mit vier Dezernenten begonnen und deren Zahl nach der Halbzeit um einen weiteren erhöht. Durch das krankheitsbedingte vorzeitige Ausscheiden von Herrn Schabram bietet sich jetzt die Möglichkeit, die alte Personalstärke wieder herzustellen.

Verehrter Herr Etschenberg, wir wollen selbstverständlich nicht auf den Sozialdezernenten verzichten, sondern schlagen vor, dieses Amt auf einen Ihrer vorhandenen Dezernenten zu übertragen. Dessen bisherige Aufgaben müssten dann neu verteilt werden.

Der Vorschlag der Mehrheitsfraktionen, die Stelle für ein Jahr nicht zu besetzen ist die denkbar schlechteste Lösung. Wir brauchen sofort einen neuen Sozialdezernenten und nicht eine zwölfmonatige Vakanz.

Diese Einsparung wäre darüber hinaus ein wichtiges Signal an unsere Kommunen – und mit Verlaub – ich kann mir kaum vorstellen, wie Sie diesen Kommunen eine Wiederbesetzung nach einem Jahr vermitteln wollen.

Wir sind vor einem Jahr wegen unseres Vorschlags zu einer globalen Personaleinsparung heftig kritisiert worden – Herr Schalge, Sie erinnern sich an die Intervention Ihres Vorgängers?

Aber leider ist unsere Kritik immer noch aktuell: Immer noch liegt die Städteregion über den Durchschnittswerten des Landes und den Richtwerten der GPA.

Aber nicht nur deshalb, sondern weil es ganz einfach zur Haushaltssanierung unumgänglich ist, mahnen wir weitere Einsparungen beim Personal an:

Wir fordern nicht nur eine Beschränkung der Steigerung um 1 Prozent sondern eine reale Senkung um 1 Prozent. Das wären rund 1,8 Millionen, von denen wir die Personalreserve, den zusätzlichen Dezernenten, das Inklusionsamt und die Personalkosten des Integrationsamtes abgezogen haben. Damit verbleibt ein nicht spezifizierter Betrag von etwas mehr als einer Million, der sich nach der Umsetzung der Aufgabenkritik mit Sicherheit finden lassen dürfte. Verglichen mit Sanierungsfällen in der Wirtschaft, die bei solchen Defiziten angesagt wären, wäre eine Senkung von einem einzigen Prozentpunkt unter Vorjahr absolut unzureichend und mit Sicherheit auch kein Problem.

Aber auch das sei hier klar gesagt: Die FDP steht für einen sozialverträglichen Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen. Auf der anderen Seite erwarten wir aber auch einen engagierten Einsatz aller Bediensteten dieser Behörde. Für Dienst nach Vorschrift darf es keinen Raum mehr geben. Ohne Mitwirkung des Personalrats wird das kaum gehen, dessen ebenso engagierte Mitarbeit hier gefordert ist und von uns auch erwartet wird.

Zum Schluss möchte ich dringend mahnen, nicht immer so weiterzumachen wie bisher. Auch hier nur ein Beispiel: Eine Veranstaltung im Mediensaal jagt die nächste. Jede kostet Geld und viele Preisverleihungen und sonstige Repräsentationstermine könnten auch zusammengelegt werden.

Und generell: Wir müssen energisch zurück wollen zu einer schlanken Verwaltung – das wird unbequem, ist aber der Not gehorchend alternativlos! Aber wie gesagt: Wir müssen es w o l l e n !

Wie formulierte es noch kürzlich ein Landrat in Kleve: „Wir haben uns viel zu viele Aufgaben aufgehalst, die nicht mehr zu finanzieren sind, daher benötigen wir dringend eine strenge Aufgabenkritik!“

Man sieht, dieses Problem haben auch andere erkannt.

Meine Mahnung geht aber auch an die Gemeinden: Der Städteregion wird auf der einen Seite Verschwendung vorgeworfen, auf der anderen Seite fordert man selbst von uns neue freiwillige Ausgaben.

Dafür bot der letzte Tourismus-Ausschuss vielfältige Beispiele, über die zum Teil heute hier abgestimmt wurde (wird). Um ein einziges entbehrliches Luxusprojekt in Kalterherberg zu finanzieren wird eine Blumenstrauß mit Geschenken für alle anderen darum gebunden... und am Ende zahlen sie es dann doch alle gemeinsam wieder über die Umlage... und beschweren sich dann wieder über deren Höhe.

Die FDP-Fraktion ist in diese Haushaltsberatungen eingestiegen mit dem festen Vorsatz, eine Zustimmung zu prüfen. Dies galt, wie oben erwähnt bis zu unserer letzten Sondersitzung vorgestern.

Leider hat auch diese letzte Hoffnung auf Gemeinsamkeit getrogen. Jetzt setzen wir unsere Hoffnung auf die Umsetzung der Strukturreformen – aber Hoffnung allein reicht leider nicht!

Helfen könnte dabei zusätzlich eine freiwilliges Haushaltssicherungskonzept – das sehen wir genau so wie einige unserer Kommunen und die SPD-Fraktion.

Es tut uns leid – aber für diesen Haushalt können und wollen wir keine Verantwortung übernehmen.

Verantwortung ist in diesem Zusammenhang mehr als ernst gemeint und jede und jeder von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sollten sich bei der späteren Abstimmung dieser Verantwortung gegenüber unseren Bürgern voll bewusst sein.

Ich danke Ihnen

Vorsitzender der FDP Städteregionsfraktion
Georg K. Helg

(Redemanuskrip für den Städteregionstag am 11.12.2014. Es gilt das gesprochene Wort!)

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